Wenn er nicht mehr steht...
Die „Potenz eines Mannes“ umfasst seine Erektion (Schwellfähigkeit des Penis), die Ejakulation (Samenerguss) und die Fähigkeit sich fortzupflanzen. Funktioniert einer dieser Bereiche nicht (mehr) zuverlässig, hat das Auswirkungen auf das gesamte System.
Die Männlichkeit eines jeden steht und fällt (im wahrsten Sinne des Wortes) mit seiner Erektion. Die Angst vor dem Versagen, die Angst, den Penis nicht mehr hochzubekommen, ihrer „Männlichkeit“ nicht mehr gerecht zu werden – sie bedroht die Männer in ihrer Identität. Durch verzweifelte Rettungsmanöver wie z.B. härteres Reiben und Drücken oder der Intensivierung sexueller Fantasien wird versucht, den außer-Kontrolle-geratenen Penis zurückzugewinnen. Ein Teufelskreis beginnt. Scham, Schuldgefühle bis hin zu Depressionen können die Folge sein.
Erektionsstörung - Definition
Eine Erektile Dysfunktion (ED) ist gekennzeichnet durch eine andauernd oder wiederholt auftretende Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr zufriedenstellende Erektion (bezogen auf Volumen und Härte) herzustellen oder beizubehalten.
Von einer primären ED wird gesprochen, wenn bisher noch nie eine Erektion im Beziehungssex stattgefunden hat (sehr selten). Eine sekundäre ED entsteht hingegen im Verlauf, d.h. eine Erektion war bereits möglich.
Zusätzlich wird die situative ED (betrifft den Paarsex, aber nicht den Solosex) von einer generalisierten ED (betrifft Paar- und Solosex) unterschieden.
Häufigkeit
Die Häufigkeit der Erektionsstörung steigt mit zunehmenden Lebensalter. So sind etwa 2 Prozent der 40jährigen und bis zu 20% der 65jährigen davon betroffen.
Symptome und Ursachen
Die primäre Erektionsstörung ist fast immer durch eine psychologische Ursache oder eine organische Anomalie bedingt.
Mögliche Ursachen können sein:
- angeborene Fehlbildungen, die die sexuelle Fähigkeit beeinträchtigen (z.B. Spina bifida)
- Zustand nach Operationen oder Erkrankungen am Genitale
- sexuelle Unerfahrenheit und Unwissenheit
- Identitätsproblematik
Eine sekundäre ED entsteht meistens erst nach langer Zeit, in der eine gute sexuelle Funktionalität vorhanden war. Nicht selten verstärkt sich die Erektionsstörung im weiteren Verlauf, so dass die Erektion anfangs nur die Paarsexualität betrifft, zunehmend auch die Selbststimulation und am Ende ganz ausbleibt.
Häufig sind Männer zwischen dem 45. und 75. Lebensjahr davon betroffen und suchen sich bei steigendendem Leidensdruck ärztlichen Rat. Vor allem der sinkende Testosteronspiegel bewirkt eine Veränderung der erektilen Funktion. So wird der Penis zum einen langsamer steif, aber auch die Qualität der Härte nimmt ab. Die Erektion ist insgesamt fragiler und kann eventuell nicht mehr so gehalten werden wie mit 20 Jahren. Das verunsichert manche Männer und Versagensängste können aufkeimen. Ein Teufelskreis beginnt.
Da eine sekundäre ED bei 90% der Männer auf Basis einer physiologischen Beeinträchtigung entsteht, sollte eine urologische Abklärung erfolgen.
Organische Ursachen können sein:
- Gefäßerkrankungen (Arteriosklerose, Venöse Insuffizienz)
- Diabetes mellitus, Adipositas
- Neurologische Erkrankungen (Schlaganfall, Multiple Sklerose)
- Bluthochdruck
- Androgenmangel
- Zustand nach Operationen
- Medikamenteneinnahme (Andihypertensiva, Antidepressiva, Neuroleptika, Opioide, Antihistaminika, Lipidsenker)
- Alkoholismus, Nikotinabusus, Drogen
Bereits die ersten beiden Punkte machen etwa 70% aller organischen Ursachen aus.
Bei circa 40% aller Männer mit einer sekundären Erektionsstörung findet sich eine psychische Komponente, teilweise auf Basis einer körperlichen Erkrankung.
Psychogene Ursachen sind u.a.:
- Leistungsdruck
- Versagensängste
- Stress
- Depression
Diagnostik der erektilen Dysfunktion
Männer mit einer Erektionsstörung befinden sich in einer akuten Notlage, denn das fehlende „Stehvermögen“ raubt ihnen nicht selten ein großes Stück ihrer Männlichkeit und sexuellen Selbstsicherheit.
Da die Mehrheit erektiler Dysfunktionen auf organischen Ursachen beruhen, ist eine urologische Vorstellung sinnvoll. Vor allem bei Männern ab 40 Jahren mit einer neu aufgetretenen ED besteht ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und sollten daher zeitnah kardiologisch abgeklärt werden.
Auch eine Bestimmung der morgendlichen Testosteronkonzentration im Blut kann bereits einen Hinweis auf die mögliche Ursache liefern. Des Weiteren sollten möglichen Hinweisen auf bereits bestehende Vorerkrankungen (bspw. Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankung) nachgegangen werden.
Sind hingegen sowohl Nacht – als auch Morgenerektionen vorhanden und/oder verfügt der Mann über eine kräftige Erregung bei der Selbststimulation, liegen wahrscheinlich keine organischen Ursachen vor.
Therapie bei Erektionsproblemen
Je nachdem, welche Erkrankung der Impotenz zugrunde liegt, sollte eine dementsprechende Therapie erfolgen und ggf. mit Medikamenten eingestellt werden. Da auch Medikamente an sich für eine Erektionsstörung verantwortlich sein können, sollte ein Wechsel oder ein Absetzen des Arzneimittels erfolgen.
Außerdem gibt es die Möglichkeit der oralen Einnahme von Phosphodiesterasehemmern [=PDE-5-Hemmer; Sildenafil (Viagra), Vardenafil (Levitra), Tadalafil (Cialis)]. Darunter kommt es zu einer Dilatation u.a. der penilen Blutgefäße, wodurch die Erektion des Penis verbessert werden kann. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die gleichzeitige Einnahme von Nitraten, die zur Behandlung koronarer Herzerkrankungen eingesetzt werden, aber auch der Freizeitdroge „Poppers“ (nitrithaltiger Wirkstoff) lebensbedrohliche Wechselwirkungen hervorrufen können.
Sollte die Therapie mit oralen PDE-5-Hemmern nicht den gewünschten Erfolg bringen, besteht die Möglichkeit, den Wirkstoff direkt in den Schwellkörper zu injizieren. Dieses Verfahren nennt sich Schwellkörperautoinjektion (SKAT) und wird zunächst durch den*die Urolog*in durchgeführt. Ist die Behandlung erfolgreich, kann der Patient die Injektionen je nach Belieben selbst vornehmen.
Auch eine nicht-medikamentöse Therapie mit einer Vakuumpumpe kann sinnvoll sein.
Die Implantation einer Schwellkörperprothese stellt die letzte Option einer bis dahin erfolglosen Therapie dar und wird in spezialisierten Zentren vorgenommen.
Sexualtherapie bei Erektionsstörung
In jedem Fall ist eine sexualtherapeutische Begleitung empfehlenswert. Neben physischen als auch psychischen Störungen fördern eingefahrene Gewohnheiten (z.B. schneller Rhythmus, hohe Körperspannung, starker Druck) und eine verminderte Wahrnehmung des Penis eine Verstärkung der Erregungsstörung.
Im einem ausführlichen Anamnesegespräch werden die Stärken und Grenzen der sexuellen Erektion erörtert. Mit Hilfe von Erregungskurven lassen sich außerdem fördernde als auch hemmende Reize, Gedanken und Emotionen herausfinden und bildlich darstellen. Anhand der erstellten Kurven können Handlungen, Gewohnheiten und Denkweisen nachvollzogen und deren sexuelle Schranken erkannt werden. An diesen Stellen kann der Klient etwas für die Verbesserung seiner Erektion tun und aktiv werden.
Neben Wissensvermittlung sind Körperübungen zur Selbstwahrnehmung, Bewegung und Atmung ein zentraler Bestandteil. Durch das Vertiefen in den eigenen vier Wänden können neue Erfahrungen eingeübt und bisherige Gewohnheiten erweitert werden. Doch wie beim Erlernen eines Musikinstrumentes benötigt es dazu Motivation, Neugier und Geduld.
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