Sexualtherapie - Hilfe für Paare und Singles
Das Sexleben in festen Partnerschaften ist häufig mit einem Auf und Ab verbunden. Mal kann man nicht genug von einander bekommen, mal gibt es aber auch Zeiten, in denen Zärtlichkeiten und Nähe etwas mehr in den Hintergrund rücken.
Doch es gibt auch Beziehungen, in denen die fehlende oder unbefriedigende Sexualität langfristig zur Unzufriedenheit und zum Leiden mindestens einer, wenn nicht sogar beider Personen, führt. Eine Beziehungskrise oder gar Trennung ist meist vorprogrammiert. Eine Sexualtherapie kann hierbei eine Hilfe für Paare (aber auch Singles) mit sexuellen Problemen bieten.
Sexuelle Probleme bei Paaren
Die Verliebheitsphase
Viele Paare berichten, dass es, nach der anfänglichen Verliebtheitsphase, in der sie teilweise (mehrmals) täglich Sex hatten, zu einem Abflauen der Häufigkeit dieser intimen Momente kam. Dass das Verliebtsein nur eine gewisse Zeit anhält, ist dabei sogar überlebenswichtig. Denn kein Körper kann diese „Akutphase“ emotionaler Anspannung verbunden mit Herzrasen, erhöhtem Blutdruck, Schlafmangel und Appetitlosigkeit lange durchhalten. Wir sind wie auf Drogen – auf Liebesdrogen. Zusätzlich steigt zudem unser Oxytocinspiegel im Blut, der dafür verantwortlich ist, dass wir viel mehr Nähe, Zuneigung und eben auch Sex mit unserem*r Auserwählten teilen wollen.
Der Alltag
Doch es ist eben nur eine Phase. Hat der Alltagstrott die Partner*innen wieder eingeholt, ebbt die Gefühlsexplosion allmählich ab. Viele stellen sich nicht nur die Frage, ob sie mit diesem Menschen langfristig glücklich sein können, sondern auch, ob der gemeinsame Sex sie befriedigt oder nicht.
Auch im Verlauf langjähriger Beziehungen kommt es immer wieder zu Veränderungen. Sei es ein neuer Job bzw. mehr Stress, eine andere Kleidergröße oder die Schwangerschaft und Geburt eines Kindes. Alles kann Einfluss auf unser Sexleben nehmen. Bei manchen mehr und bei manchen weniger.
Sexuelle Probleme des Einzelnen
Doch es gibt auch Frauen und Männer, die bereits vor oder am Anfang einer Beziehung mit ihrer sexuellen Problematik zu kämpfen haben. Die sich nicht erst im Verlauf einstellt. Beispiele hierfür sind Frauen mit Vaginismus und Männer mit Ejaculatio praecox (vorzeitiger Samenerguss). Diese Menschen haben meist bereits schon vor Beginn einer möglichen Partnerschaft Angst und Sorgen vor dem Sex. Nicht selten beenden sie ihre Beziehung, bevor es überhaupt richtig angefangen hat.
Egal, ob vor einer Beziehung schon sexuelle Probleme bestanden oder aber guter Sex in der Partnerschaft bereits möglich war, aber jetzt im Bett nichts mehr los ist – sobald einer oder auch beide Partner unglücklich mit ihrer gemeinsamen Sexualität sind und sie etwas daran ändern möchten, ist eine Sexualtherapie empfehlenswert.

Ursachen sexueller Probleme
Interessanterweise liegt oft vielen sexuellen Störungen mangelndes Wissen über den eigenen Körper ursächlich zugrunde. Denn während uns als Kind genau gezeigt wird, wie wir unsere Füße benutzen müssen, um Laufen zu lernen, wird die Sexualität sehr stiefmütterlich behandelt.
Viele Eltern hoffen, dass die Aufklärung ihrer Kinder durch die Schule und deren Freunde übernommen wird und winden sich so aus ihrer Verantwortung. Oftmals wissen die Eltern jedoch selbst nicht sehr viel über Sexualität oder haben sie selbst nie wirklich als befriedigend erlebt, was ihre eigene Hürde, über dieses Thema zu sprechen, noch unüberwindbarer macht.
Dabei gibt es sehr unterschiedliche Herangehensweisen unter Kindern und Jugendlichen. Einige probieren sich selbst aus über eigenes Erforschen ihres Körpers und lernen ihn so besser kennen.
Andere hingegen berühren sich selbst fast gar nicht. Bei ihnen manifestiert sich im Verlauf häufig der Gedanke, dass nur ein*e Partner*in sie ihrer Sexualität näherbringen kann. Und damit sind auch diese Partner*innen für deren sexuelles Erleben verantwortlich. Selbststimulation wird von diesen Personen nicht selten als unwichtig oder sogar eklig betrachtet. Leider führt dieser Weg über kurz oder lang meist zu sexuellen Problemen in der Partnerschaft.
Häufige Themen in der Sexualtherapie
- Erektionsstörungen
- Sexuelle Unlust / Libidomangel
- Vorzeitiger oder verzögerter Samenerguss
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
- Porno- / Sexsucht
- Vaginismus
- Orgasmusstörung
- unerfüllter Kinderwunsch
- …und viele mehr
Wie kann eine Sexualtherapie dabei helfen?
Zunächst kann eine Sexualtherapie fehlendes oder fehlerhaftes Wissen über Sexualität aus dem Weg räumen und aufklären. So kann den Betroffenen die Funktionsweise und die Zusammenhänge zwischen ihrem Körper und ihren Emotionen aufgezeigt werden.
Für wen ist die Therapie?
Ob das Paar gemeinsam, jeder einzeln oder nur einer von beiden eine Therapie macht, kommt auf die zugrundeliegende Ursache und Problematik an. Allerdings ist sicher, dass eine sexuelle Störung des Einzelnen auch immer die Paarsexualität angreift und ein mögliches Konfliktpotenzial in der Beziehung darstellt. Teilweise ist es aber auch empfehlenswert, erst die Partner einzeln zu behandeln und dem Paar im weiteren Verlauf gemeinsame Sitzungen anzubieten.
In welchem zeitlichen Abstand finden die Sitzungen statt?
Die Sexualtherapie erfolgt in mehreren regelmäßig wiederkehrenden Sitzungen im Abstand von 1 bis 3 Wochen.
Auch längere Zeitintervalle dazwischen sind möglich, verlängern jedoch den Therapiezeitraum und häufig ist die Behandlung nicht so effektiv.
Wie lange eine Behandlung dauert, hängt von verschiedenen Punkten ab (Was ist die Problematik? Wie oft wird geübt? Wie sind die Abstände zwischen den einzelnen Sitzungen? etc.). Häufig sind jedoch 5 bis 20 Sitzungen notwendig.

Therapieablauf
Am Anfang jeder Behandlung steht die Frage, was das Paar oder der Einzelne erreichen möchte.
Durch eine genaue Anamnese und Evaluation kann sich der*die Sexualtherapeut*in ein Bild über das zugrundeliegende Problem und dessen Auswirkungen in Bezug auf die Sexualität und die zwischenmenschliche Beziehung machen.
Je nach Therapieform liegt der Fokus der Behandlung entweder auf einer reinen Gesprächstherapie oder einer Kombination aus Gesprächen und körperlichen Übungen. Dabei sollte erwähnt werden, dass innerhalb der Sitzungen die Klient*innen zu jeder Zeit angezogen bleiben und kein körperlicher Kontakt zwischen Therapeut*in und Klient*in stattfindet.
Zwischen den einzelnen Therapieterminen sollen die Betroffenen spezielle Verhaltensweisen, kleine Veränderungen bezüglich ihrer Kommunikation oder Körperübungen ausprobieren und damit festigen.
Die gemachten Erlebnisse werden in den Folgesitzungen detailliert besprochen. Das Wahrnehmen von Fortschritten aber eben auch Grenzen sind dabei wichtige Erkenntnisse und lassen sich meist nicht vermeiden. Vor allem die Grenzen vermitteln den Klient*innen das Gefühl der Stagnation oder gar des Rückschrittes.
Doch das Erkennen und letztendlich auch der veränderte Umgang mit dieser Situation bedeutet einen wichtigen Therapieschritt für den Einzelnen und/oder das Paar. Krisen und Misserfolge gehören zu jedem Prozess, aber die Frage ist, wie wir mit ihnen umgehen und was wir aus ihnen machen.
Wer bietet Sexualtherapien an?
Sexualberatungen und -Therapien werden durch speziell ausgebildete Sexualtherapeuten durchgeführt. Häufig sind das Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychotherapeuten, Psychiater, Ärzte anderer Fachrichtungen (z.B. Gynäkologie, Urologie, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin) und Sozialpädagogen.
Dabei sollte immer auch der Krankheitswert der sexuellen Problematik beachtet werden. Besteht eine schwere Störung, die beispielsweise andere Personen gefährdet oder gefährden könnte, ist die Behandlung durch einen Facharzt für Psychiatrie angezeigt.
Auch Menschen mit Traumata in der Vergangenheit wird zunächst eine Trauma- oder Verhaltenstherapie zur Aufarbeitung des Geschehenen und zur Schaffung einer inneren Distanz und Stärke zu ihrer Geschichte angeraten, bevor sie sich einer Sexualtherapie unterziehen.
Welche Formen der Sexualtherapie gibt es?
Es sei am Anfang gleich gesagt, jede Form der Sexualtherapie hat seine Vorteile, aber eben auch seine Bereiche, in denen die Therapie ausbaufähig ist. Somit kann man von Vornherein nicht sagen, es gibt nur die EINE Sexualtherapie. Daher haben auch einige Therapeuten mehrere Aus- und/oder Weiterbildungen zu verschiedenen sexualtherapeutischen Ansätzen besucht und kombinieren diese in ihrer Behandlung.
Die bekanntesten sexualtherapeutischen Ansätze sind:
- Sensualitätstraining nach Masters und Johnson
- Syndyastische Sexualtherapie nach Loewit und Beier
- Systemische Sexualtherapie nach Clement
- Sexocorporel nach Desjardins

1. Sensualitätstraining nach Masters und Johnson
Die klassische Sexualtherapie gilt als erste Form der Sexualtherapie und geht auf den amerikanischen Gynäkologen W. H. Masters und V. E. Johnson zurück. Der Schwerpunkt dieses Konzepts liegt auf der Sexualität und den sexuellen Erregungsabläufen und fokussiert sich primär auf die Wiederherstellung der gestörten Sexualfunktion.
Innerhalb des sog. Sensualitätstraining (Sensate Focus) wird das Paar zu bestimmten körperlichen Übungen angeleitet. Dadurch sollen zum einen Leistungsdruck, Ängste und Schamgefühl abgebaut und zum anderen das Genusserleben und die Wahrnehmung des*r Partner*in verbessert werden.
Da es sich um eine Paartherapie handelt, benötigt es auch beide Partner*innen, die aktiv an ihrem sexuellen Erleben etwas ändern möchten und bisherige Hürden durch gemeinsame, positive Erlebnisse beseitigen. Die einzelnen Übungsschritte werden mit dem Paar sowohl vorher als auch nachher besprochen.
Ablauf
Zunächst steht das gegenseitige Erkunden des Körpers unter Auslassen der Genitalien und Brüste im Fokus, wobei beide sowohl den aktiven als auch den passiven Part einnehmen sollen. Wird diese Übung angenehm und angstfrei empfunden, können schrittweise weitere Körperbereiche und letztendlich die erogenen Zonen und Genitalien miteinbezogen werden. Dabei werden auch unterschiedliche Berührungsformen erlernt.
Während es jederzeit zu einer sexuellen Erregung kommen darf, gilt jedoch zunächst ein generelles „Sexverbot“. Denn erst ganz zum Schluss, wenn das Paar sich gemeinsam bereit dazu fühlt, findet die erste Annäherung an den Geschlechtsverkehr statt.
2. Die syndyastische Sexualtherapie
Das Wort Syndyastik stammt von dem griechischem Wort syndyastikós ab und bedeutet so viel wie „Gemeinsamkeit zu zweit“.
Im Mittelpunkt der syndyastischen Sexualtherapie nach Loewit und Beier steht die Erfüllung psychosozialer Grundbedürfnisse nach Nähe, Wärme, Zuwendung, Sicherheit und Vertrauen durch sexuelle Körperkommunikation. Somit wird der Fokus auf die zwischenmenschliche Verbindung und das Erfüllen und Erleben der partnerschaftlichen Bedürfnisse gerichtet.
Ablauf
In den therapeutischen Paargesprächen lernt das Paar, wieder miteinander zu kommunizieren, auch auf körpersprachlicher Ebene. Die gemeinsam entwickelten Schritte üben und festigen die Partner*innen Zuhause.
In der darauffolgenden Sitzung werden die gemachten körperlichen und seelischen Erfahrungen besprochen und weitere Schritte vereinbart. Das Paar lernt seine bisherigen, sexuellen Verhaltensweisen zu erweitern, um die jeweiligen Grundbedürfnisse nach Nähe, Akzeptanz und Geborgenheit vom Partner zu erfahren und damit die grundsätzliche Beziehungszufriedenheit zu verbessern.

3. Die systemische Sexualtherapie
In der systemischen Sexualtherapie nach Ulrich Clement steht das sexuelle Begehren im Mittelpunkt, welche sich aus dem Unterschied beider Partner*innen ergibt.
Es wird sich im Gegensatz zu anderen sexualmedizinischen Konzepten nicht auf die sexuelle Funktion und Dysfunktion fokussiert. Vielmehr geht es darum, nicht nur die eigenen Wünsche, sexuellen Vorstellungen oder auch Ängste wahrzunehmen und zu verbalisieren, sondern auch die des*r Partner*in anzunehmen und den Blick dafür zu öffnen. Denn jede*r Einzelne bringt ein unterschiedliches, sexuelles Profil in eine Beziehung mit und nimmt damit direkten und indirekten Einfluss auf die sich daraus ergebende Paardynamik.
Ziel ist es, mit Neugier die bisher unentdeckte Seite der eigenen Sexualität sowie auch die des*r Partner*in zu erforschen. Dadurch ergeben sich bestenfalls neue gemeinsame Perspektiven.
Ablauf
Der erste Schritt einer solchen systemischen Paartherapie besteht also zunächst darin, über die eigenen sexuellen Wünsche und Fantasien zu sprechen. Außerdem werden von dem*r Therapeut*in die sexuellen Profile der einzelnen Partner*innen erfragt. Das beinhaltet u.a. die bisherigen sexuellen Erfahrungen, sexuelle Wünsche und Fantasien, Selbstbefriedigung.
In weiterem Verlauf werden die Differenzierungen der einzelnen Profile herausgearbeitet. Wo gibt es Gemeinsamkeiten und wo sind Unterschiede, die eventuell die Paardynamik negativ beeinflussen und zu Spannungen führen?
Mittels spezieller Fragetechniken und Aufstellungen werden gemeinsam mit den Klient*innen neue Verhaltensmöglichkeiten erörtert und die Paare dazu angeregt, diese im Alltag zusammen mit der Unterbrechung eingeschlichener Verhaltensmuster (v.a. auch in der Sexualität) zu üben.
4. Die Sexualtherapie nach dem Konzept des Sexocorporel
Im Fokus des in den 60er und 70er Jahren von Prof. Jean-Yves Desjardins entwickeltem Sexocorporel steht die Fähigkeit eines Jeden, seine sexuellen Fertigkeiten und Erlebnisse ein Leben lang zu erweitern und verändern zu können.
Im Unterschied zu den herkömmlichen Sexualtherapien wird sich im Sexocorporel auch der genital-sexuellen Ebene der Klient*innen gewidmet.
Denn nach aktuellen sexualwissenschaftlichen Erkenntnissen hat die sexuelle Realität eines Menschen, d.h. was ihn erregt, wie er sich erregt und durch was die Erregung gesteigert werden kann (sog. Erregungsmodus), einen unmittelbaren Einfluss auf sein sexuelles Erleben. So können bestimmte sexuelle Vorlieben oder Fantasien hervorgehen, die wiederum Schwierigkeiten auf anderer Ebene wie z.B. in der Partnerbeziehung oder in der eigenen sexuellen Selbstsicherheit mit sich bringen.
Ablauf
Deshalb wird den Paaren anfangs getrennte Sitzungen angeboten und empfohlen. Durch das Erörtern verschiedener Komponenten (Physiologie, Kognitionen, Erleben, Beziehung) entsteht ein genaues Bild über die sexuellen Fertigkeiten und Erlebnisse der Klient*innen, und lässt gleichzeitig auch deren Limitierungen erkennen.
Die einzelnen Therapiesitzungen werden sowohl für das Besprechen von gemachten Erlebnissen, den Ängsten und Sorgen, aber vor allem auch für Körperübungen genutzt.
Der Einsatz von Bewegung und Atmung sowie der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung beeinflussen nicht nur die eigene sexuelle Wahrnehmung, sondern können bspw. auch den Blick auf den*die Partner*in modulieren und damit positive Auswirkungen auf die Beziehung haben.
Im weiteren Verlauf finden dann auch Sitzungen mit beiden Partnern statt, bei denen gemeinsame Übungen im Fokus stehen. U.a. nutzen wir dafür das Hamburger Modell und das Sensualitätstraining nach Masters und Johnson.

Fragen Sie nach!
Immer mehr Betroffene holen sich aktiv Hilfe.
Denn es ist absolut keine Schande oder ein Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit, wenn eine*r den Mut aufbringt, andere um Rat zu fragen.
Ob eine Sexualtherapie für Sie das Richtige ist, können wir in einem gemeinsamen Beratungsgespräch feststellen.
Und selbst, wenn Sie keine Sexualtherapie machen möchten, kann ich Ihnen aber vielleicht noch andere Optionen aufzeigen und ans Herz legen.
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