Libidostörung

„Heute nicht. Ich habe Migräne.“

Und sofort weiß jeder, über welches Thema ich schreiben möchte. Die Libidostörung oder auch sexuelle Unlust.

Viele meiner Klienten kommen zu mir mit der Frage „Was stimmt denn nicht mit mir? Früher sind wir übereinander hergefallen und mittlerweile könnte ich komplett darauf verzichten.“.

Doch die Gründe dafür können vielfältiger Natur sein.

Libidostörung - Definition

Der Libidoverlust wird definiert als eine plötzlich oder auch allmählich einsetzende Abwesenheit sexueller Gedanken, erotischer Fantasien oder dem Verlangen nach sexueller Aktivität, wobei auch die Lust auf Solosex betroffen sein kann, aber nicht muss.

Der Libidomangel bezeichnet hingegen ein vermindertes, sexuelles Begehren und kann graduell in leicht, mittel und schwer eingeteilt werden.

Da allerdings eine bestehende Lustlosigkeit bei jedem Individuum ein unterschiedlich starkes Leid hervorruft, hat diese Einstufung eine begrenzte Aussagekraft. 

Beide Libidostörungen können sowohl primär (von Anfang an) oder sekundär (im Verlauf erworben) entstehen.

Häufigkeit

Die Frage nach der Häufigkeit lässt sich nur schwer ermitteln. In Studien werden Zahlen zwischen 15% und 75% für Frauen angegeben und ist damit bei ihnen die häufigste sexuelle Funktionsstörung.

In mehreren Artikeln wird von 30% der Frauen zwischen 18 und 59 Jahren gesprochen, die unter einem Mangel an sexueller Appetenz leiden. Diese Werte schwanken unteranderem so stark aufgrund unterschiedlicher Fragetechniken, Patientenklientel und Altersverteilungen.

Männer sind seltener von einem Libidomangel betroffen als Frauen (ca. 15%). Bei ihnen ist der vorzeitige Samenerguss (Ejaculatio praecox) mit 20 bis 30% am häufigsten.

Ursachen

Während einige Frauen bei der Frage nach den Ursachen sofort an die Antibabypille denken, sind die möglichen Gründe doch um einiges umfangreicher.

In vielen Beziehungen sind vorübergehende, sexuelle Lustlosigkeit keine Seltenheit, sei es z.B. aufgrund von beruflichem Stress, durch die Geburt eines Kindes, Streitigkeiten, langjährige Partnerschaft. Ein jedoch ausgeprägter sexueller Appetenzmangel kann sowohl mit einem starken Leidensdruck als auch mit einer Beeinträchtigung der Paarbeziehung einhergehen.

Neben den bereits genannten sozialen Ursachen (Stress, Beziehungsprobleme) können auch eine Vielzahl physischer und psychischer Erkrankungen sowie Medikamente richtige „Lustkiller“ sein.

Physische Ursachen:

  • Hormonstörung, z.B. Hypothyreose, Testosteronmangel, Hyperprolaktinämie
  • Akute oder chronische Schmerzen
  • Diabetes mellitus
  • Herzinsuffizienz
  • Niereninsuffizienz
  • Z.n. Operationen
  • Z.n. Karzinomtherapie
  • Frauen: Dyspareunie, Menopause, Postpartalzeit

Psychische Ursachen:

  • Depression
  • Angststörung
  • Erschöpfungszustand
  • Sexualerziehung
  • Sexualpräferenzen
  • Erfahrungen

Medikamente:

  • Antihypertensiva (beta-Blocker, Methyldopa)
  • Antidepressiva
  • Diuretika
  • Zytostatika
  • Antiöstrogene, Antiandrogene
    (Kontrazeptiva können sowohl fördernd als auch hemmend wirken)

Diagnostik

Für eine gute Sexualanamnese sollte ausreichend Zeit eingeplant werden.

Neben Fragen nach den Symptomen, möglichen Ursachen, Erkrankungen und Medikamenten werden auch die sozialen, partnerschaftlichen und beruflichen Aspekte besprochen. Es wird auf die sexuellen Erfahrungen, Präferenzen, Bedürfnisse, Wünsche, aber auch Ängste und Grenzen eingegangen.

Können physische Gründe oder medikamentöse Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden, bietet sich zudem eine Diagnostik beim Hausärzt*in, Gynäkolog*in bzw. Urolog*in an.

Behandlung

Da die Libido bei Männern in direktem Zusammenhang mit normalen Testosteronwerten steht und somit ein Mangel an Testosteron mit einer Abnahme der sexuellen Lust einhergeht, sollte neben einer Sexualtherapie gleichzeitig eine medizinische Begleitung stattfinden.

Auch beim weiblichen Geschlecht besteht eine Abhängigkeit zwischen Hormonveränderungen und sexuellem Begehren, allerdings sind die Auswirkungen aufgrund verschiedener Kompensationsmöglichkeiten insgesamt variabler.

So reagieren einige Frauen nach Entfernung beider Eierstöcke mit einem deutlichen Libidomangel, andere hingegen fühlen sich dadurch nur gering in ihrer sexuellen Lebensqualität beeinflusst.

Sexualtherapie bei sexueller Unlust

Nach der genauen Evaluation der Sexualität ist das gemeinsame Ziel, das sexuelle Begehren zu steigern. Dabei kann u.a. das Erstellen einer Erregungskurve eine Hilfe sein um mögliche Ursachen für die sexuelle Unlust zu verdeutlichen.

Durch verschiedene Wahrnehmungsübungen in den eigenen vier Wänden und im Alltag kann ein Bezug zu dem eigenen Geschlecht wiederaufgebaut werden. Auch Anspannungs- und Entspannungszustände sowie die Atmung spielen eine wichtige Rolle im Leben und Erleben von Sexualität.

Durch das bewusste Wahrnehmen, Spüren und Empfinden des eigenen Körpers kann der Blick auf den Partner bzw. die Partnerin beeinflusst werden und sexuelles Begehren entstehen und gedeihen.

Tipps

Setzen Sie sich nicht unter Druck!

Das ist leichter gesagt, als getan. Sexuelle Lustlosigkeit v.a. bei Frauen ist keine Seltenheit und neben den eigenen Anspruch an sich selbst, möchte man dem Partner oder der Partnerin gerecht werden.

Dass Sie Ihren Leidensdruck wahrnehmen und sich Hilfe suchen, ist bereits der erste Schritt.  Seien Sie nachsichtig mit sich.

Mit Mut, Motivation, Neugier und Geduld sind Sie auf einem guten Weg keine Lust mehr auf Lustlosigkeit zu haben.

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